Medien ohne Kompetenz – Netzsperren, Netzneutralität und Google Streetview

Houston wir haben ein Problem. Mal wieder. Unsere Medien taugen zu nichts. Das ist nun natürlich etwas hart und überspitzt, aber im Grunde ist es das was immer wieder klar wird. Und damit meine ich gar nicht nur das offensichtliche Problem mit einer „BILD“ aus der seit vielen Jahrzehnten jeden Tag das Blut läuft und die immer zuerst mit der Leiche gesprochen hat. Das derzeit schlimmste Problem zieht sich durch viele Schichten medialer Inkompetenz – Ausnahmen gibt es nur sehr, sehr wenige.

Wir sprechen immer wieder davon, dass die klassischen Medien Stück für Stück ihre Gatekeeperfunktion verlieren. Blogs, Microblogging, Social Networks, die Nachrichten des kleinen Mannes laufen ihnen den Rang ab. Oft wissen wir als Digital Natives von den Dingen die die Welt bewegen schon viel früher, als es unsere digital gewordenen Holzmedien berichten können. Im Gegenteil: Oft müssen sie sich selbst auf Twitter & Co. als Informationsquelle stützen. „Medien ohne Kompetenz – Netzsperren, Netzneutralität und Google Streetview“ weiterlesen

Sensationlust: billige Medien und die Handyrazzis

auf tagesschau.de wurde ein Bericht des NDR-Magazins „Zapp“ mit dem Titel „Wenn Leser zu ‚Reportern‘ werden“ veröffentlicht.

Darin schreiben die Autoren Ruprecht Walter und Blumensaat über die Sensationsgier vieler Medienunternehmen am Beispiel des Transrapid-Unlgücks von Lathen und darüber wie mittlerweile kleinen „Handyrazzis“, die mit dem Mobiltelefon ein Sensationsfoto schießen, viel Geld bezahlt wird – und sei das Bild noch so unscharf.

Einige deutsche Zeitungen sind jetzt auf den Trend aufgesprungen. Der „Stern“ veröffentlicht „anspruchsvolle“ Fotos seiner Leser. Die „Bild“-Zeitung verteilt sogar eigene Journalistenausweise, mit denen sich ihre Leser Zugang zu „interessanten“ Motiven verschaffen sollen. Die „Handyrazzi“, wie der „Focus“ die neuen Aushilfsreporter getauft hat, lockt der Ruhm, aber auch das Bargeld. Bis zu 500 Euro zahlen die Medien pro Bild. Wie fatal dieser Trend sein kann, und wie weit er sich schon in viele journalistische Bereiche erstreckt, zeigt das Transrapid-Unglück.

Kurz nach dem Unfall gingen bereits die ersten Bilder durch die Medien. Ich habe mich an diesem Tag selbst über N24 informiert. Noch bevor es irgendwelche Fakten zum Unglück gab, wurde im Hintergrund ein Bild des verunglückten Zuges eingeblendet. Zu diesem Zeitpunkt war noch kein Reporter vor Ort, keine Kamera, nicht mal ein Hubschrauber. Auf dem Bild war außer dem verunglückten Zug nichts zu sehen – kein Rettungswagen – einfach nichts. Das gibt einem schon zu denken, wenn man dann wenige Tage danach so einen Artikel zu lesen bekommt.

Bei dem Transrapid-Unglück sterben 23 Menschen, zehn werden verletzt. Schon kurz danach gibt es die ersten Fotos, aufgenommen von einer „Bild“-Leserreporterin mit ihrer Handykamera. „Bild“ stellt sie ins Netz, bietet die Fotos anderen Medien und Nachrichten-Agenturen an.

und weiter…

Die dpa nimmt das Foto ins Agenturangebot auf. Fortan läuft es unter der Flagge der renommierten Nachrichtenagentur. Das schafft Vertrauen. Die Quelle wird nur vage im Kleingedruckten genannt: „Bild“-Zeitung.

„Bild“ vermeldet den Erfolg: Die ersten Bilder machte ein „Bild“-„Leser-Reporter“. Die Zeitung brüstet sich mit denen, die die Fotos übernahmen: die Internet-Ausgaben von „Stern“,“Spiegel“ und „Focus“, die Agenturen dpa, ddp sowie die TV-Sender N24, Sat 1 und RTL. Eine umstrittene Leser-Paparazzi-Aktion wird salonfähig.

dpa-Sprecher Demmer sagt, die Quelle sei zwar nicht egal, aber zunächst einmal nebensächlich. „Wichtig ist ja, dass es ein authentisches Bild ist und dass wir unseren Kunden ein richtiges Nachrichtenbild an die Hand geben können. Und das war in diesem Fall gewährleistet.“

da stellt man sich schon vor, wie’s wohl sein könnte, wenn man demnächst auf der Autobahn in einen schweren Unfall verwickelt wird und die ersten vermeindlichen Helfer die hinter einem aus dem Auto steigen zücken erstmal das Handy um ein Foto zu machen und anschliessend mit einer nicht näher genannten deutschen Boulevardzeitung über den Kaufpreis zu verhandeln.

Vermutlich werden wir darüber nichts zu sehen bekommen im privaten Fernsehen, wir werden darüber nichts Lesen in der „Bild“-Zeitung. Wie von so vielen anderen Dingen, die wirklich wichtig sind – aber eben nicht sensationsträchtig genug.

Hier der vollständige Artikel bei tagesschau.de.

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