Seit etwas mehr als 60 Tagen halte ich beinahe täglich das iPad in der Hand. Ich dachte mir es könnte den ein oder anderen unter den geneigten Lesern interessieren, wie mein persönliches Fazit zum iPad nach etwas mehr als 2 Monaten ausfällt.
Wie die meisten die mich kennen wissen, bin ich absoluter Technik-Nerd. Das und die Tatsache, dass ich Apple-Produkten grundsätzlich nicht abgeneigt bin sind die beiden Hauptgründe dafür warum sofort nach der Präsentation Ende Januar klar war, dass so ein iPad schnellstmöglich in meine Hände muß. Kurzfazit: Meine Vorfreude hat sich mehr als bestätigt.
Doch ich will jetzt nicht die große Lobeshymne singen ohne vorher auf die negativen Aspekte zu sprechen zu kommen. Einige davon sind sicherlich bekannt, andere vielleicht nicht – so oder so, habe ich vielleicht in dem ein oder anderen Punkt eine eigene Sicht der Dinge:
Problemfall iTunes
iTunes, das ist dieses Musikverwaltungsprogramm von Apple. Und genau da hört es auch schon wieder auf. Mag man dem Programm in Sachen Musikverwaltung noch die ein oder andere Fähigkeit andichten (angestaubt und seiner Zeit hinterher ist es auch in dieser Disziplin) so versagt iTunes doch ziemlich wenn es um die Synchronisation mit den (evtl. zahlreich vorhandenen) mobilen Endgeräten geht. Für diejenigen, die bisher mit iProducts nichts zu tun hatten: über iTunes erfolgt die Synchronisation der Daten mit iPod, iPhone und iPad. Das beginnt bei Musik und geht über Videos, Podcasts, Programme, Bilder etc. Auch die Aktivierung der Geräte nach dem Kauf geschieht über iTunes.
Grundsätzlich funktioniert das für viele vielleicht halbwegs problemlos, hört aber immer dann auf Spaß zu machen, wenn man die Geräte intensiver nutzt, mehrere Geräte hat oder (aus welchem Grund auch immer) über mehrere iTunes-Accounts verfügt. Die über den iTunes-Store heruntergeladenen (kostenlosen oder kostenpflichtigen) Programme, Musiktitel und Filme werden über iTunes auf die Geräte übertragen und der einfachste Weg ist wohl sämtliche Inhalte auf alle Geräte zu synchronisieren. Sobald man einzelne Inhalte auf einzelnen Geräten ausschließen will wird es bereits problematisch. Besonders nervenaufreibend ist die fehlende Trennung zwischen iPhone- und iPad-Apps. Im für Apps zuständigen Tab beim jeweiligen Gerät wird nicht klar ob es sich um eine native iPad- oder iPhone-App handelt oder ob das Programm evtl. für beide Geräte gemacht wurde.
Überhaupt: dass die Inhalte der Geräte im Jahr 2010 immer noch über ein an den Computer angeschlossenes Kabel anstatt über Wlan synchronisiert werden gleicht einer Farce – bei anderen Herstellern ist man hier schon deutlich weiter. Auch neue Podcastfolgen können nur selektiv und verhältnismäßig umständlich auf den mobilen Geräten geladen werden. Ein automatischer Download aller neuen Folgen wäre zeitgemäß und zumindest im Wlan in der Regel auch problemlos möglich.
Insgesamt betrifft das iTunes-Problem zwar nicht das iPad speziell, wird aber in diesem Zusammenhang immer mehr zum Ärgernis und steht für mich vor allem anderen.
Kein USB – kein Flash
Ach was wurde vorab darüber gejammert. Was wurde in der Presse darüber geschrien – zusammen mit den fehlenden USB-Anschlüssen wohl das Thema schlechthin. Das wahre Gesicht des Journalismus zeigte sich einmal mehr von seiner unmaskierten Seite. In der Praxis… was soll ich sagen – klar merkt man das fehlende Flash. Gerade auf Websites aus Themenbereichen die nicht gerade dafür Glänzen dass sie Webtechnisch am Puls der Zeit agieren kommt Flash heute noch oft zum Einsatz. Es ist in diesen Bereichen _die_neue_technologie_ schlechthin. Dennoch oder gerade deswegen bin ich froh, dass Apple den Flashlosen weg gegangen ist. Zum einen zeigt die Praxis, dass es bisher keinen funktionierenden Ansatz für Flash auf mobilen Geräten gibt (vom fehlenden Bedienkonzept bei Touchscreen mal ganz abgesehen) zum anderen bin ich ein Freund von Weiterentwicklung. HTML5 is the way to go und Flash hat da in weiten Teilen oder vollständig einfach nichts verloren. Flash ist aus Sicht eines Webworkers schon seit langer Zeit das Arschloch unter den Webtechnologien und wenn es stirbt geht nichts verloren.
Die fehlenden USB-Anschlüsse habe ich nie vermisst. Ich hab das Camera-Connection-Kit gekauft. Mit diesem kommen zwei Adapter die aus dem Dock-Connector vom iPad einmal einen Slot für SD-Speicherkarten machen und zum anderen einen USB-Anschluß. Über beide lässt sich ohne weitere Konfiguration Bildmaterial aufs iPad laden. Darüberhinaus habe ich bisher keinen USB-Anschluss vermisst.
Generell sollte man dazu aber sagen, dass ich das iPad bisher nie als Laptop- oder gar Desktop-Computer-Ersatz gesehen habe. Für mich ist das iPad von Anfang an ein Multimedia-Device mit dem ich in erster Linie konsumiere und in zweiter Linie interagiere. Interagieren findet dabei auf zwei Ebenen statt. Die erste Ebene sind Spiele. Durch das iPad hab ich den Spaß am Spielen wiederentdeckt. Die Möglichkeit stell mal auf der Couch ein kleines Spiel zu starten und es bei Bedarf auf der Terasse oder im Bett fortzuführen ist einfach genial. Die Masse an verschiedensten Spielen die entweder kostenlos oder für kleines Geld zu haben sind, macht diese Möglichkeit noch besser. Da kann keine Spielkonsole und kein Computerspiel mithalten. Ich muß jedoch dazu sagen, dass ich wohl in die Riege der Casual Gamer falle – ein großer Zocker war ich nie und schon gar keiner der großen Mainstream-Games (frühere C&C-Nächte mal ausgenommen). Für Freunde des gepflegten Egoshooters, die sich mit Headset, Zigaretten und Kaffee die Nächte in Teamspeak und CounterStrike um die Ohren schlagen ist das iPad mit Sicherheit das falsche Device.
Die andere Form der Interaktion mit dem iPad sind kurze Texte. Von Twitter über Mails bis hin zu Blogkommentaren oder Forenbeiträgen ist da alles dabei was sich auf dem iPad halbwegs mühelos schreiben lässt. Für längere Texte würde ich jetzt ohne externe Tastatur keinem empfehlen unbedingt das iPad zu verwenden, aber für das was so täglich anfällt und auch mal eben auf der Couch zwischen etwas surfen und einem spielchen erledigt werden muß passt das perfekt.
Ihr habt schon gemerkt, viel gemecker war da nicht – das wird schon immer positiver und so ist auch mein Gesamteindruck. Wirklich negative Punkte am iPad sucht man vergebens – es sei denn man will sie finden oder hat den Anwendungsbereich eines solchen Tablet-Computers falsch eingeschätzt. Ein wenig störend im Alltag könnte man evtl. noch das stark spiegelnde Display und die ständig vorhandenen Fingerabdrücke sehen, allerdings muß sich hier erst zeigen ob andere Hersteller das wirklich besser hinkriegen und wenn ich ehrlich bin ist mir die Brillianz des Displays wichtig genug um mir im Zweifelsfall einen besseren Sitzplatz zu suchen, wenn es zu stark spiegelt oder öfter mal mit einem Tuch über das Display zu wischen, wenn die Fingerabdrücke zu extrem werden. Ich hab mir zum testen mal eine Schutzfolie bestellt, die von sich behauptet beiden Effekten etwas vorzubeugen – ich werde auch hier von meinen Erfahrungen berichten.
Der ein oder andere mag genervt vom vielen Text hier nun fragen wofür das iPad denn sonst noch gut ist außer zum Spielen und Twittern. Die Frage ist nicht leicht zu beantworten denn es sind eine ganze Menge Dinge, die sich damit erledigen lassen. Ich kann natürlich nur von mir aus gehen und von den Dingen die ich so mit dem iPad mache und in aller Regel mach ich sie damit lieber als mit allen anderen verfügbaren Geräten:
- Lesen (News, Feeds, ReadItLater, eBooks)
- Fotos herzeigen
- Videos konsumieren (vorw. YouTube (App und Safari) aber auch zunehmend Viemo (HTML5) und DailyMotion (eigene App))
- Live-TV (leider insgesamt noch rar, bisher primär Sky Sport)
- Onlineshopping (eBay via App, Amazon via Browser)
- Podcasts hören (zum teil via iPhone im Lautsprecherdock, manchmal auch direkt via iPad)
Insgesamt kann man sage, dass das iPad mein Begleiter ist wenn ich den Schreibtisch verlasse und mich nicht gerade einer anderen Tätigkeit widme bei der man kein digitales Endgerät braucht ;-)
Eines ist wohl klar: Mein Fazit ist durchweg positiv und ich kann jedem der sich grundsätzlich für ein solches Gerät interessiert nur empfehlen selbst eines in die Hand zu nehmen und sich von den Fähigkeiten überzeugen zu lassen. Sicherlich gibt es viele für die ein iPad einfach uninteressant ist, andere hingegen werden sicherlich ganz schnell begeistert davon sein. Ich bin’s.
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