Irgendwie war klar, dass nach dem vorbildlichen Online-Wahlkampf von Barack Obama zur Präsidentenwähl im Herbst letzten Jahres man in Deutschland auch auf den Geschmack von Twitter, Facebook und Co. kommen wird. Zumindest war klar, dass man versuchen wird die Strategien vom Obama-Team irgerndwie – mehr schlecht als recht – zu imitieren. Und so kommt es nun auch.
Seit kurzem ist die CDU mit teAM Deutschland online und gibt sich auf der Startseite stolz über den bisherigen Erfolg:
Die 4.000 ist erreicht! In nur 12 Wochen haben sich über 4.000 Unterstützer im teAM Deutschland angemeldet. Unter ihnen auch prominente Unterstützer aus Politik und Gesellschaft, die sich für Angela Merkel und die CDU in den kommenden Wahlkämpfen einsetzen möchten.
Das ist natürlich umwerfend. Vermutlich jedes deutsche Web 2.0-Startup der letzten 3 Jahre konnte sich über schnelleren Zuwachs in der Community freuen. Das ist aber auch kein Wunder, denn wie erfährt man denn vom teAM Deutschland? Ich bin nun in den letzten Wochen zu stark mit anderen Dingen beschäftigt und erfahre nicht unbedingt direkt von solchen Aktivitäten – daher repräsentiere ich wohl den durschnittlichen Benutzer. Erst am Donnerstag haben einige Nachrichtenseiten darüber berichtet, halten sich jedoch deutlich zurück. Bei der Süddeutschen war’s gerade mal im Newsticker und der Spiegel kritisiert das vorgehen bei der Veröffentlichung. Lediglich die WELT veröffentlicht sowas, was man Werbung für das Portal nennen könnte, wirkt dabei aber halt so wie die WELT immer wirkt – Springer’ish.
teAM Deutschland ist auf den ersten Blick auch nicht wirklich erwähnenswert. Es ist in meinen Augen nicht mehr als ein Versuch irgendwie irgend etwas zu machen um hinterher sagen zu können „wie haben’s ja probiert“. Aus meiner persönlich, etwas technisch angehauchten Sicht ist es irgendwie eine Lachnummer. Angefangen von der schlechten Performance der Seite, über das eher naja… nicht gerade angesagte CMS Joomla, bis hin zur Tatsache, dass sie über http://team2009.cdu.de gar nicht erreichbar ist (das www fehlt) deutet irgendwie viel darauf hin, dass hier keine Profis am Werk sind / waren.
Ein weiterer Punkt der vermutlich nicht nur mir nicht gefällt und auch schlecht für das eigene Markenbild sein dürfte: Auf den ersten Blick ist nicht zu erkennen, dass es sich um eine Kampagne der CDU handelt. Lediglich das Pseudo-TV-Logo im Video auf der rechten Seite oder der Text im großen Bildfader (irgenwo zwischendrin auf einem der Slides) in der Mitte könnten darauf hindeuten. Offenbar hat man es nötig sich als „Deutschland“ auszugeben anstatt als CDU und vermutlich fühlt man sich damit auch noch im Recht – man stellt ja schließlich die Kanzlerin.
Ist jetzt nicht so, dass es die anderen Parteien besser machen würden: Die SPD macht auf StudiVZ und gibt sich verschlossen, die FDP hat dem Design nach zu vernehmen noch die Website von 1999 online und die Grünen kündigen erst noch an großes tun zu wollen. Bleibt spannend zu beobachten ob es noch eine der Parteien ernsthaft probieren wird die wachsende Internetgemeinde mit ihrem Wahlkampf zu erreichen. Vermutlich die einzige Chance überhaupt die immer stärker werdende Politikverdrossenheit in den Griff zu kriegen. Vielleicht will man das aber auch gar nicht. Am Ende fordert noch jemand Transparenz.
Zur FDP muss ich kurz korrigieren: Es gibt auch von uns ein Social Network, my.fdp.de. Das sieht zwar auch aus wie von 1999, aber immerhin kann dort jeder liberal-gesinnte mitmachen. Irgendwann in den nächsten Monaten soll auch eine neue Version gelauncht werden.
Und nicht zu vergessen natürlich die Mitmach-Arena (mitmachen.fdp.de).
Generell ist aber auch der Leistungsumfang der Agentur für FDP-Webseiten ein Witz: Mindestens 16 Euro pro Monat (je nach Zahlungsweise) für 5 MB Webspace, 1 GB Traffic und ein Design aus dem letzten Wahlkampf. Für 20 MB mehr Webspace kommen dann noch mal 5 Euro mehr pro Monat und für eine de-Domain 17 Euro im Jahr.
Man könnte das fast schon als Wucher bezeichnen, wenn das mit den Leistungen von HostEurope, Strato oder anderen Hostern vergleicht…
Insofern muss man sich leider nicht wundern, dass es kaum einheitliche Webdesigns bei den FDP-Untergliederungen gibt…
Ich verstehe zwar den Zusammenhang zwischen dieser Webhosting-Agentur und dem Webdeign nicht, aber das ist sicher auch nicht das grundlegende Problem. Das ist wohl eher da zu suchen, dass auch bei der FDP – wie offenbar an anderen Stellen – an den entscheidenen Positionen keiner sitzt, der sich entweder Ahnung hat oder sich zumindest gut beraten lässt.
Das scheint halt so ein Deutschland-Politik-Problem zu sein. Insofern mach ich mir da auch keine Illusionen was einen Onlinewahlkampf 2009 angeht. Der wird vermutlich nicht stattfinden, oder zumindest nicht signifikant.
Die Agentur übernimmt sowohl das Hosting als auch das Webdesign, z.B. bei fdp.de aber eben auch für Untergliederungen.
Gäbe es hier ein wirkliches Webverständnis bzw. wollte man einen echten Online-Wahlkampf machen, würde es z.B. jetzt schon neue Seiten geben und nicht erst drei Monate vor der Wahl oder so.
Aber für Online-Wahlkampf ist es in Deutschland einfach noch zu früh. Wir sind jetzt höchstens da, wo man in den USA schon vor vier Jahren war.
Ich finde das Design von dem CDU Team Ding ganz schön, aber ansonsten natürlich CDU Inhalt :(
@ Matthias
ist bei SPD ähnlich mit dem Hosting…
„Die SPD macht auf StudiVZ und gibt sich verschlossen“
Ist es nicht, es könnnen auch Leute rein, die nicht in der SPD sind. Davon ab, passiert in dem Portal momentan noch nicht soooviel, aber kommt vielleicht noch. Außerdem ist es nicht DIE Wahlkampfplattform….
„Offenbar hat man es nötig sich als “Deutschland” auszugeben anstatt als CDU“…
Du brauchst natürlich einen abstrakten Begriff, siehe „Change“… Es wird keine Werbung für eine Partei gemacht, sondern für eine Person..
@Stefan: Klar, ich hab auch kein Problem mit abstrakten Begriffen, aber „Deutschland“ ist nicht nur ein abstrakter Begriff sondern für eine Partei ziemlich anmaßend. Sowas wie „Change“ passt da als Vergleich gar nicht, finde ich.
Vielen Dank für den Hinweis. In der Tat fehlte bei der oben angegebenen Subdomain noch die Erreichbarkeit der teAM-Seiten ohne www. Unter der eigentlichen Domain http://team2009.de (mit und ohne www) war das aber schon eine ganze Weile möglich.
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Das teAM Deutschland ist die Unterstützerkampagne für Angela Merkel und spricht gerade auch Menschen an, die nicht zwingend zugleich in die CDU eintreten möchten. Daher auch kein CDU-Logo auf der Seite.
Das die CDU die Seite betreibt, steht aber nicht nur im Impressum, sondern ist auch an anderen Stellen klar zu erkennen.
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Über weitere Verbesserungsvorschläge freuen wir uns gerne. Gerne auch auf den internen teAM-Seiten.
mfG
Stefan Hennewig