Vorab: Ich habe am letzten Sonntag, bei der Europawahl 2009 die Piratenpartei gewählt. Das war für mich in erster Linie ein Protest gegen die zunehmende Entdemokratisierung und die Fußtritte gegen die Bürgerrechte made by our Regierung. Das vorab – ich will gar nicht näher darauf eingehen warum Piraten oder ob deren Parteiprogramm evtl. doch zu dünn oder nicht gut genug ist.
Es geht mir hier und heute nur um den Namen und die Tatsache, dass mir nicht in den Kopf will, wie man an so einem bescheuerten Namen so standhaft festhalten kann. Marcel Weiß hat bei Neunetz gestern schon in’s selbe Horn geblasen und verweist dabei beispielhaft auf einen aktuellen Artikel der Süddeutschen Zeitung in dem es unter anderem heisst:
Die Symbolfigur dieser Partei ist der Pirat, ihr Banner zeigt das schwarze Segel. Tatsächlich verbindet diese Partei mehr mit der Piraterie, als ihr selbst lieb sein mag. Nicht nur dass ihr Bewusstsein fehlt, etwas Verbotenes zu schützen und zu befördern. Mehr noch, sie inszeniert den Aufstand der Besitzlosen gegen Reichtum und Macht. Das Internet ist ihre karibische See. Darauf kreuzen die mit teurer Fracht beladenen Lastschiffe, die der spanischen Krone gehören – aber der Pirat, ein notorischer Verlierer, der sich in einen Gewinner zu verwandeln trachtet, erkennt die herrschenden Eigentumsverhältnisse nicht an. Er will sie, in einzelnen Portionen wenigstens, zu seinen Gunsten verändern.
Dass die Verantwortung für diesen journalistischen Stuss freilich bei der SZ liegt und nicht bei der Piratenpartei steht außer Frage. Solche Texte – und die gibt es nicht nur bei der SZ – zeigen jedoch, wie leicht man es diesen Produzenten von Oberflächenjournalismus macht, mit einem Namen wie „Piratenpartei„.
Das scheint jedoch bei einigen Anhängern und „zentralen Köpfen“ der Partei nicht angekommen zu sein. Streift man durch’s Forum der Piraten oder hört sich die Reaktionen auf Twitter (Beispiel) an, merkt man schnell: Der Trotz ist allgegenwärtig. Das Hauptargument ist nicht unberechtigt aber dennoch falsch. Sinngemäß: Wer nur den Namen beachtet und nicht auf die Inhalte schaut, den nimmt man nicht ernst. Will die Piratenpartei aber irgendwann auch in Deutschland echten, zählbaren Erfolg haben, dann braucht es mehr als gute Inhalte (und selbst die braucht’s erstmal, nebenbei bemerkt). Klar ist, dass bei einer Bundestagswahl bei der die Wahlbeteiligung vermutlich deutlich höher liegt als bei der Europawahl, (Stand heute) auch nicht so viele Stimmen mehr für die Piratenpartei abfallen würden.
Mit einem Namen wie diesem wird man das auch nicht ändern, weil ein großer Teil der Bevölkerung in einer Partei die den Namen von Verbrechern trägt und die in den Medien als die Piraterie-Partei hingestellt wird gar nicht nahe genug betrachten wird um zu erkennen, dass sie evtl. eine alternative Wahlmöglichkeit darstellt. Genau die Stimmen dieser Menschen wird aber brauchen wer in Zukunft auch nur Ansatzweise an der Macht der bisherigen Parteien und Regierung rütteln will. Und ich denke da sind wir uns einig: Daran muss gerüttelt werden – mehr denn je.
Für den Herbst stehen wir also irgendwie vor einem Problem: Eine Regierung die dringend abgewählt werden will, Parteien in der zweiten Reihe die bisher auch nur zaghaft die Alternative Mimen und im Hintergrund jede Menge kleiner Parteien von denen die meisten keine Alternative sind und die mit den guten Ansätzen lieber trotzig und nerdig sein wollen, als mit guter PR und einem ordentlichen Namen was aus sich zu machen.
Also am Ende doch das Rentnerbündnis oder die Tierschutzpartei wählen? Ich weiss nicht ob man’s merkt, aber dieses Thema frustet mich gerade enorm… to be continued…
Wir heißen „Piratenpartei“ weil wir etwas ändern möchten, insbesondere in den Köpfen der Menschen. Das du dich über den Namen echauffierst finde ich gut. Nicht gut finde ich das niemand sich über Namen wie CDU/CSU/SPD/FDP echauffiert. Da gäbe es sehr viel darüber zu sagen und zu bloggen.
Übrigens, Pirat kommt aus dem Griechischen und heißt soviel wie „Angreifer“.
Der Name ist sehr schlecht gewählt aber für mich nicht der Hauptgrund, die Piratenpartei (vielleicht noch) nicht zu wählen. Dabei bin ich durchaus in vielen Punkten einer Meinung.
Aber ein Partei muss für mich mehr Aussagen treffen als „DAGEGEN“. Sie muss Verantwortung übernehmen wollen und irgendwann auch zu können. Sie muss mir Alternativen zum DAGEGEN aufzeigen.
Derzeit kommt mir die Piratenpartei vor, wie ein troziger Jugendlicher in der Pubertät. Für den kann ich zwar viel Sympathie empfinden, aber ich erwarte nicht, dass er meine Interessen vertritt.
Hallo Silvia,
ich bin immer wieder erstaunt wie sehr die Leute über unser Programm schimpfen es dann aber doch nicht mal gelesen haben. Diese Programm Ableitung aus unserem Namen, nach dem Motto, die Heißen Piraten … alles klar, die müssen das Urheberrecht abschaffen wollen, begegne ich aber immer wieder und finde es sehr lustig. Ist für mich übrigens ein Grund an diesem Namen fest zu halten.
Wir machen zu sehr vielen Punkten relativ konkrete Vorschläge zu unseren Themen. Bitte lies einfach mal: http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm .
Darüber hinaus haben wir Arbeitsgruppen zu verschiedensten Themen und Arbeiten an einem Bildungsprogramm, international haben wir ein Manifest verabschiedet und wir wollen Gesetzesentwürfe zum Datenschutz erarbeiten die wir unter der Creativ Commons allen Parteien anbieten wollen.
Es ist aber so, dass niemand von der Piratenpartei leben kann und wir alles was wir machen in unserer Freizeit machen, so dauern gewisse Dinge halt etwas länger.
Gruß
insideX
Ach, ich weiß nicht, ob das wirklich Trotz ist. Du hast ja auch deine Motivation, die Piratenpartei zu wählen, beschrieben, bei mir sieht es ganz genauso aus. Als Wähler gehe ich aber nicht nach dem Namen der Partei, sondern nach den Inhalten. Gut, die sind bei den Piraten sehr stark focussiert, aber das waren ja genau die Punkte, die uns uns beide (und die über 200.000 anderen Wähler auch) angesprochen haben, oder?
Ich finde es einfach müßig, darüber zu diskutieren, ob sich die Piratenpartei umbenennen soll (was wären *echte* Alternativen?), „Die Grünen“ wurden damals auch belächelt und durch den Zusatz „Bündnis 90“ ist es nicht besser geworden.
Und Piraten sind ja nun nicht durchweg negativ behaftet (auch wenn es sich um Geschichtsverklärung handelt), sonst dürfte man ja nicht mehr zum FC St. Pauli, den „Freibeutern der Liga“, gehen. Erklär das bitte mal den Paulianern. ;-)
Klar hab ich sie auch nicht wegen des Namens gewählt – das steht ja außer Frage. Wie aber auch schon bei Marcel in den Kommentaren zu lesen ist passt auch der Vergleich mit den Grünen nicht. Es geht nicht um einen „nicht so günstigen“ Namen sondern um einen der die beste Vorlage für solchen Nonsense wie von der SZ zu lesen ist liefert. Es geht um die Verbindung mit illegalem Handeln und die Reduzierung auf die Diskussion um Urheberrechte bzw. die augenscheinlich offensichtlich illegale Haltung der „Piraten“. Da hilft der Hamburger-Fußballvergleich leider auch überhaupt nicht – dort mag das ja noch irgendwie cool erscheinen.
Die SZ hat übrigens auch schon sehr wohlwollende Artikel über uns geschrieben. Das sich ein Redakteur nun aufregt ist für mich kein Grund den Namen jetzt in Frage zu stellen.
Auf unseren Bundesparteitagen ist es ein Runninggag min. einen Namenänderungsantrag abzulehnen.
Gruß insideX
„DIE GRÜNEN“ ist/war genau so ein bescheuerter Name.
Das ist ein Punkt, den die Piratpartei in den nächsten Monaten bis zur Bundestagswahl noch herausarbeiten müssen, nämlich, „was geht mich das alles an, wenn ich kein Filesharer bin?“.
Aber schwachsinnige Artikel in der Presse wirst du nie verhindern können, immerhin heißt es „any news is good news“. Und da ist natürlich auch viel „Propaganda“ im Spiel.
Also mich frustet eher ein ganz klein wenig, dass sich mehr über die Banalität eines vielleicht nicht ganz „politisch- korrekten“ Namens überworfen wird, als sich mit den Inhalten und den Forderungen auseinander zu setzen.
Nutzt die Zeit sinnvoll!
Klasse Beitrag, obwohl ich gleich vorweg sagen will: Sollten die Piraten an der Bundestagswahl teilnehmen, dann werde ich ihnen mein Kreuz nehmen – schlechter Name hin oder her.
Das Problem an der Sache ist einfach folgendes: Ich und wir alle wissen, dass der Name nicht so gemeint ist, wie es im ersten Augenblick erscheint. Aber wieso wissen wir das? Weil wir uns damit beschäftigt haben. Und genau da liegt der Haken: die Mehrzahl der Wähler beschäftigt sich nicht groß mit dem Namen einer Partei. Sie liest ihn und denkt sich entweder „normal“, „okay“ oder „die haben ein Rad ab“. Letzteres wurde beim Urnengang am Sonntag sicherlich oft gedacht.
@insideX:
Eben nicht. Diese Namen mögen einem nicht gefallen oder unpassend sein (ich zum Beispiel finde, dass die SPD schon lange nicht mehr den Anspruch auf das Wort „Sozial“ in ihrem Namen hat), aber eines haben diese Namen gemeinsam: sie sind so gestrickt, dass sie nicht zu „hart“ sondern „normal“ klingen, damit keine Wähler abgeschreckt werden. Wenn sich die Union beispielsweise „Konstervative Rechte Kraft Deutschland“ nennen würde, hätte sie sicherlich ein paar Wähler weniger und der Name „Piratenpartei“ ist in dieser Hinsicht doch noch um einiges extremer.
Für mich heißt das am Ende also: wenn die Piratenpartei in Deutschland erfolgreich sein will, dann darf sie nicht so egoistisch sein und davon ausgehen, dass die Wähler sie schon kennen lernen werden. Wenn deutsche Piraten etwas ändern wollen, dann MÜSSEN sie sich zuerst eine vernünftige Basis schaffen, mit einem Namen, den auch ältere Wähler lesen können, ohne dabei vor Schock zu sterben.
Folgende Anekdote: Ein großer amerikanische Automobilkonzern wollte ein Auto bauen das jedem gefällt. Es hat eine Abteilung gegründet die die Geschäker Ihrer Kunden analysiert, dabei bildeten aus allen Vorlieben ihrer Kunden Durchschnittswerte und daraus machten sie Empfehlungen für die Konzeption eines neuen Modells.
Heraus kam ein Auto was niemand gekauft hat und das obwohl man versucht hat es allen recht zu machen.
Ich bleibe sehr hartnäckig bei unserem Namen. Er spricht vielen die sich bei uns engagieren aus dem Herzen und andere stößt er sauer auf. Das schönste ist, er provoziert Klischees und diese entlarven diejenigen die sich zu schade sind sich mit uns auseinander zu setzten.
Die einzige Funktion dieses Namens besteht darin, daß seine Träger sich gewiß dauerhaft als »Opfer« eines Mißverständnisses inszenieren können. Ich habe schon bessere Ausreden gesehen.
Das Problem ist dabei nicht der Name oder das notwendig noch lückenhafte Programm, sondern die dahinterstehende Einstellung: Gebt uns eure Stimme, aber nehmt uns nicht in die Verantwortung!
Deshalb habe ich die Piraten nicht gewählt.
Hallo Thomas,
kein Mensch sagt das wir nicht in die Verantwortung wollen. Das Ziel ist es *erstmal* das unsere Themen von Politik und Gesellschaft wahrgenommen werden. Ich kann mich auch hinstellen und einen Verantwortungswillen in die Welt hinaus pusten, würde mir dabei sehr lächerlich vorkommen, weil wir aktuell von den 5% zuweit weg sind aber wenn du es brauchst, denk es dir einfach.
Unser Programm enthält viele wichtige Punkte die gerade bei anderen Parteien fehlen. Und wenn ich mir so anschaue was andere Parteien in ihre Programm schreiben, verstehe ich die Aufregung über unser Programm mal gerade gar nicht. Nenne mir doch mal das revolutionäre an dem Programm der CDU / SPD / FDP bitteschön? Dieses Stakkatohafte „Das Programm ist zu klein“ gerede zeugt in meinen Augen nur davon das sich keiner ernsthaft mit Parteiprogrammen auseinander setzt. Wir könnten mit viel Blah und Blub unser Programm aufblähen, wollen wir aber need weil es substanziell und gut ist.
Gruß
insideX
Natürlich nicht. Aber die Piratenpartei zeigt diesen Nicht-Willen. Durch den Namen und durch »taktische Lücken« im Programm (Jugendarbeit? Finanzierung? Rechtliche Transformation bestehender Patente?)
Das ist das Problem: Wenn jeder sich die Lücken selber füllt, hat jeder Wähler ein anderes »Programm« vor Augen. Da kann man sich später natürlich viel leichter herausreden, als wenn man es gleich konkret hingeschrieben hätte.
Ich erwarte überhaupt keine »revolutionären Programme«, sondern Positionen, die als Verhandlungsgrundlage taugen.
Ich habe auch ausdrücklich anerkannt, daß das Programm der Piraten noch klein ist, ja sein muß: Wie sollen sie Kompetenz bei Fragen der Außenpolitik vortäuschen, bei der Agrar-, Umwelt-, Rechts-, Wirtschafts- oder Sozialpolitik?
Aber einen groben Wink hätte ich zumindest gerne gesehen. Denn was werden sie tun, wenn sie in diesen Fragen doch mal mit abstimmen können? Sich enthalten? Dann muß muß man sie nicht wählen.
Aber wie Frank schon schrieb: Dank des Namens wird diese Partei nie in die Verlegenheit solch einer Situation kommen.
Stimmt natürlich, habe ich und haben sicher viele andere auch schon gedacht. Wenn man plötzlich im Europäischen Parlament landet, sollte man die Piraten früher oder später besser außen vor lassen. Aber damit hat zu Anfang ja sicher keiner gerechnet.
Naja die Piratenpartei ist nicht die einzige Partei die mal den Namen wecheln sollte. Ich weiß ja nicht wies bei euch ist aber z.B. ‚Die Rentner‘ hätten sich auch was besseres ausdenken können.
Dass der Name durchaus funktionieren kann, beweist die schwedische Piratenpartei mit ihren Wahlerfolgen und den knapp 50.000 (!) Parteimitgliedern mehr als eindrucksvoll.
Ich finde der Vergleich funktioniert nicht ganz. Ob die Menschen in Schweden so ticken wie in Deutschland und ob die Medien dort ebenso leicht ebenso viel Unsinn schreiben wie in Deutschland weiss ich nicht, wage es aber zu bezweifeln. Das und andere Faktoren tragen aber dazu bei ob etwas funktioniert oder nicht. Insofern sollte man sich hier nicht mit den Erfolgen in Schweden trösten.
Ich für meinen Teil denke auch, dass die Partei in Schweden mit einem anderen Namen noch erfolgreicher gewesen wäre.
Das glaube ich allerdings eher weniger, ich glaube vielmehr das die Piraten durch diesen Namen und der damit Verknüpften Tatsachen nur solch einen Erfolg in Schweden erziehlen konnten.
Bei dieser Diskussion um den Namen muss ich immer an meine Eltern denken, die sich als immer Linkswähler und Befürworter immer mehr vor dem Problem sehen was sie wählen sollen. Beide würde ich eher in die Richtung 68er schieben…dies sind für mich Personen die potentielle Pirtenwähler wären, WENN die Partei aufgrund Ihres Namens nicht einfach nur zu einem schmunzeln auf dem Wahlzettel geführt hätte…
Der Vergleich zur APPD liegt einem da schon mal gerne auf der Zunge…und das obwohl ich die Piraten gewählt habe und mich freue am Dienstag zu einem Treffen hier in Berlin zu gehen.
Dennoch wünsche ich mir einen ticken mehr Ernsthaftigkeit und auch solche Aktionen wie die Spreepiraten tragen in meinen Augen nicht dazu bei die Partei mit anderen Augen zu sehen ;)
Fast, ja fast hätte ich sie gewählt. – Als ich vorletzte Woche unterwegs war, musste ich mir einen Werbespot der Piratenpartei auf Radio Bayern 3 anhören. – Und Himmel war ich danach froh, diese Nerds eben nicht gewählt zu haben. An dem Namen an sich habe ich jedoch nüschts auszusetzen.
Ich bin genau der gleichen Meinung wie du. Da Marketing auch (oder gerade) in der Politik immer mehr an Bedeutung gewinnt, sollte man die Assoziationen, die die Wähler mit diesem Namen verbinden, nicht unterschätzen! Es ist ja schön und gut, wenn eine Partei tolle Inhalte hat. Aber wie sollen denn die Leute die Partei mit so einem Namen wirklich Ernst nehmen? Genauso gut könnte man dann die Bierpartei aus Protest wählen, oder die Grillpartei. Wenn man allerdings eine Alternative zu den bestehenden Partein sein möchte, sollte man langsam den Schritt Richtung Seriösität wagen!
Das Problem bei dem Namen „Piratenpartei“ ist -meiner Meinung nach- der Bezug zu den Linken, denn kein normaler Mensch würde „Piraten“ wählen.
Bin absolut der selben Meinung. Hätte man die Partei in „Partei offener Medien“ (oder ähnlichen Quatsch) umbenannt (und selbst das spiegelt schon eher das Ziel dieser Partei, als der jetzige Name), so hätte man eindeutig mehr Erfolg gehabt. Die meisten Wähler haben doch eh keine Ahnung, wen sie wählen sollen. Ließe sich evtl. so ein Vorschlag zu Namensänderung im Forum der PP stellen (vllt. mit einer Abstimmung)?