Das dürfte Premiere sein. Ein bekannter Politiker, einer der eine gewisse mediale Aufmerksamkeit genießt, twittert. Und zwar nicht nur Pressemitteilungen und 0815-Gedöns wie man das evtl. vermuten würde. Nein. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil verweilt derzeit wie einige andere deutsche Politiker in Denver beim Parteitag der US-Demokraten. Laut seinem Tweet von vor 15 Stunden sind das
„… Spd: zypris kommt, mdbs annen und muetzenich, jusovors. Drohsel., cdu: hintze, gruene: kuenast und buetikofer, joschka …“
Alles andere als eine Premiere ist jedoch die peinliche Art und Weise in der der Spiegel in seiner Online-Ausgabe das ganze „kritisiert„. Es gefällt ihnen offenbar nicht, dass Herr Heil damit media kommuniziert ohne den klassischen Journalismus dafür zu brauchen. Twitter funktioniert ohne Filter. Ohne umschreiben, in Google News pressen und ohne TKP-Werbung drumrum. Da stinkt wieder die Angst durch, die man schon seit langem spürt wenn es um Blogs geht und die immer wieder riechbar wird, wenn ein Journalist (und die Spiegel-Journalisten waren dafür mehrfach stellvertretend) gegen Blogs wettert. Oder haben sie Twitter doch einfach nur nicht verstanden, Herr Volkery?
(Natürlich stellt es Spiegel Online seinen Lesern natürlich auch nicht frei ggf. anders zu denken und es ihnen durch einen Link zu ermöglichen sich selbst ein Bild von der zwitscherei von Herrn Heil zu machen. Wie eigentlich üblich findet sich im Artikel kein einziger Verweis nach draußen – könnte ja jemand wegklicken. Wo kämen wir denn da hin.)
Wenn Hubertus Heil schreibt…
„Waren noch mit einigen delegierten und ein paar journalisten ein bier trinken. Waren alle von der michelle obama rede begeistert.“ (Link)
… dann mag das der ein oder andere vielleicht etwas zu persönlich empfinden. Der Vorteil an Twitter ist ja aber, dass keiner genötigt wird das zu lesen. Wenn ich das Gefühl habe mich interessiert nicht, was er von sich gibt, dann folge ich ihm einfach nicht mehr. Die Artikel einzelner Autoren auf einer Nachrichtenseite, kann ich nicht so einfach ausblenden. Abgesehen davon finde ich diese Form der „Nähe“, die Herr Heil hier demonstriert ziemlich sympathisch – unabhängig seiner politischen Meinung. Insgesamt steht er sicherlich am Anfang eines Trends der noch spannend werden könnte: Wenn Menschen „von öffentlichem Interesse“ anfangen privates in wenigen Worten zu veröffentlichen entsteht eine völlig neue Form der Öffentlichkeitsarbeit. Wann werden wohl die ersten Nachahmer auftauchen? Politiker? Sportler? Musiker?
Gibt’s vielleicht sogar schon vergleichbare Twitterer? Wie denkt ihr drüber?
Weitere Meinungen zum Thema:
- Philipp Götzinger: „Chapeau, Herr Heil„
- Markus Trapp: „Hubertus Heil twittert – Spiegel Online wittert (Peinliches)„
- Rasmus Andresen: „Hubertus Heil macht auf Obama„
- Klaus Lübke: „Internetpartei SPD: Hubertus Heil twittert„
- Thomas Knüwer: „Keiner darf Internet außer Spiegel Online – erst recht nicht Hubertus Heil„
- Robin Haseler: „SPON heute: Hubertus-Heil-Bashing wegen Twitter„
- Nico Lumma: „Hubertus Heil twittert und SpOn/Süddeutsche ätzen rum„
P.S. Im Unterschied zu Barack Obama ist das bei Hubertus Heil meiner Meinung nach keine Kampagne und deutlich persönlicher. Ich habe die Nachrichten von Obama eine Zeit lang verfolgt und außer der Tatsache, dass sie beide Twitter benutzen konnte ich zu Hubertus Heil keine parallelen entdecken. Wollte ich noch gesagt haben, weil in diversen Beiträgen immer wieder der Vergleich kam. Vermutlich in erster Linie von Twitter-Nicht-Kennern. ;-)
Disclosure: Ich bin kein SPD-Wähler. Dafür Twitterer.
Update: Rivva fasst schön zusammen.
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