Videos in digitaler Form ohne optische Medien auf dem TV abzuspielen beschäftigt mich seit langer Zeit. Mit zunehmender Verfügbarkeit von Internet-Videos als Stream oder Download wird das Thema auch zunehmend interessanter. Glücklicherweise bin ich nicht der einzige der so denkt. Andere sind da auch weitaus aktiver. So stehen mit XBMC, Plex und Boxee mittlerweile gleich mehrere Möglichkeiten zur Verfügung auf Basis unterschiedlicher Plattformen Videos (Dateien, Streams, YouTube, etc.), Audios, Podcasts und andere Medienfiles abzuspielen und am TV darzustellen. Doch selbst für die beste Software braucht es erst einmal geeignete Hardware.
Angefangen hat das hier bei uns vor einigen Jahren testweise mit einem Pinnacle Showcase und einem ähnlichen Gerät von DLink. Die Geräte haben binnen der ersten 14 Tage ihren Weg zurück zum Verkäufer gefunden. Beides waren einfache WLAN-Player die mit propietärer Hardware und ohne eigenen Festspeicher auskommen mussten. Die zur Verfügung stehenden Codecs waren mehr als bescheiden, sodass die Hälfte aller Videos erst gar nicht abgespielt werden konnten. Codecvielfalt ist auch heute noch das Hauptkriterium das darüber entscheidet ob ein Gerät oder ein Stück Software im Tagesgebrauch wirklich taugt. Schließlich entscheidet sich beinahe jeder für einen anderen Codec beim abspeichern von Urlaubsvideos, TV-Aufzeichnungen oder anderem Filmmaterial.
In diesem Punkt konnte XBMC schon immer trumpfen. Die ersten Versionen liefen hier auf einer alten XBox 1 mit Modchip und größerer Festplatte. Ein geniales Duo die beiden. Zwar konnte und kann die XBox kein HD, aber das war bis vor kurzem ohnehin noch kein Thema. Nachteil dieser Lösung ist ganz klar, die Lautstärke der Box. Mag das im Wohnzimmer auf Dauer beim laufenden Film und der damit verbundenen Lautstärke nicht wirklich ein Problem darstellen, war das hier im Schlafzimmer auf Dauer nicht zu ertragen. Vorteil: XBMC kann die XBox automatisch nach einstellbarer Zeitspanne im Leerlauf abschalten. Schläft man also während dem Film ein und wacht dann nicht auf bevor die Zeitspanne abgelaufen ist, herrscht Ruhe im Saal.
Ein weiterer Nachteil neben der Lautstärke ist die enorm große Bauform die vor allem in der Höhe deutlich über der üblichen Größe im Hifi-Regal liegt. Vor allem die Form erlaubt es nicht die Xbox zwischen die restlichen Geräte einzusortieren – maximal obenauf kann sie stehen.
Eine deutlich bessere aber in Sachen Lautstärke leider alles andere als ideale und auch nicht gerade billigere Lösung ist ein Mac Mini. Seit XBMC und auch die anderen Kandidaten in einer Version für den Mac vorhanden sind, ist der kleine Kämpfer aus Cupertino ein echtes Highlight und kann als Mediacenter richtig trumpfen. Der DVI-Ausgang lässt sich wunderbar mit dem HDMI-Eingang eines Flatscreen koppeln und der eingebaute Infrarot-Empfänger spielt nach einem mittelmässigen Kampf auch mit der Harmony 555 zusammen. Da hier ohnehin ein Mac Mini als lokaler Server (DNS, HTTP, MySQL, etc.) werkelte, lag es nahe das ganze mal auszuprobieren. Was soll ich sagen – es klappt 1a. Der Mini spielt zusammen mit Plex so ziemlich alles ab, was ich ihm zum testen vorgeworfen habe.
Plex habe ich gewählt, weil ich mit XBMC auf Anhieb kein funktionierendes Zusammenspiel mit RemoteBuddy und der Harmony hinkriegen konnte. Mit Plex klappt das obwohl mir jetzt schon das kalte Grauen über den Rücken läuft beim Gedanken an evtl. zukünftige Änderungen in Sachen Fernbedienung. Zusammen mit der Apple Remote müssen mit RemoteBuddy mehrere virtuelle Fernbedienungen angelernt werden und bei der parallen Zuordnung der ganzen Befehle der jeweils unterschiedlichen virtuellen Fernbedienungen durch die bei der Remote Buddy wechselnden ID zur Harmony verliert man gerne mal den Überblick. Ich werde das bei den nächsten Änderungen wohl alles nochmal von vorne durchführen müssen.
Leider kein einfach zur überwindender Punkt ist die Lautstärke des Mac Mini. Zwar mag er im Normalbetrieb in einer normal lauten Umgebung kaum auffallen, in einem Nachts ruhigen Schlafzimmer wirkt sich das aber schnell anders aus. Ich kann ihn auch nicht einfach automatisch nach einem Timeout herunterfahren (was sicher grundsätzlich möglich wäre), da er hier ja als SOHO-Server agiert und zwischen 3 und 7 Uhr diverse Jobs erledigt (Backup, etc.).
Auf der Suche nach Alternativen stößt man jedoch schnell an die Grenzen des machbaren und erschwinglichen. Alle drei oben genannten Softwareprodukte sind auch für Linux erhältlich. Das würde ermöglichen einen HTPC selbst zu bauen. Dank Mini-ITX, einer vielzahl von passenden Gehäusen und anderer Hardware ist das mittlerweile sicher auch gut machbar jedoch unterm Strich auch nicht wirklich günstig und vermutlich jede Menge Bastelei. Liest man die Linux-Abteilungen der Supportforen von XBMC und Co. so wird schnell klar, dass das wenn überhaupt alles andere als ein einfaches Unterfangen ist. Zudem benötigen die ganzen Produkte ordentlich CPU-Power. Eine Möglichkeit das Decodieren der ganzen Filme zumindest zum Teil auf OpenGL-Hardware (GPU) auszulagern, ist mit Stand heute noch nicht möglich. Einer der größten Mankos dieser Tools. Daher ist es auch schwer das ganze auf wirklich leiser Hardware aufzubauen. Ein wirklich leiser HTPC mit einer modernen Dual-Core CPU ist nur schwer möglich und wenn dann vermutlich recht groß um großen und leisen Lüftern Platz zu bieten.
Eine weitere und deutlich günstigere und stressfreiere Alternative ist es auf eine komplett (Hardware und Software) fertige Lösung zu setzen. Die derzeit wohl populärste Lösung ist ein NMT (Network Media Tank) namens Popcorn Hour von Syabas. Das neueste Modell A-110 wurde im Vergleich zum Vorgänger A-100 deutlich überarbeitet. Er bietet nun einen optischen SPDIF-Ausgang (Digital Audio), S-ATA für die Festplatte, weniger LED-Geblinke an der Front und einige andere Neuerungen. Mit ca. 270€ ohne Festplatte ist er zwar nicht richtig billig, betrachtet man aber die Möglichkeiten sucht man wohl ziemlich lange nach vergleichbarem: Er spielt SD und HD-Material entweder von einer internen Festplatte oder kann zur Lautstärkeminderung (das Gerät kommt ohne Lüfter aus) eben auch ohne Festplatte betrieben werden. Dann kommen die Mediafiles entweder per Samba-Freigabe von einem anderen PC oder NAS aus dem Netzwerk oder aus dem Internet. Leider hat man es versäumt dem A-110 eine moderne Ethernetschnittstelle einzubauen, sodass man mit 10/100 MBit vorlieb nehmen muss. Bei interner Festplatte dauert das verschieben von HD-Material dann schonmal recht lange.
Ein weiterer Grund für mich bzgl. dem Popcorn Hour etwas zu zögern ist die propietäre Software. Zwar ist Syabas laut berichten in Foren bemüht möglichst große Kompatiblität zu bieten und schiebt über Firmwareupdates regelmäßig weitere Codecs, Container und Funktionserweiterungen nach, aber wer weiß wie lange das so bleibt. Auch das hauseigene Streamingportal strotzt in meinen Augen nicht gerade vor Sympathie. Der Videplayback via Web ist „Internet Explorer only“ und die passende Software gibts nur für Windows.
Klarer Vorteil des Popcorn Hour NMT A-110 ist jedoch eindeutig die Tatsache, dass er lüfterlos funktioniert und damit ohne interne Festplatte keinerlei Geräusch entwickeln dürfte – selbst mit einer modernen SATA-Platte dürfte er kaum hörbar sein. Der HDMI- und SPDIF-Ausgang machen ihn außerdem kompatibel zu moderner Unterhaltungselektronik womit dem vollsten Videgenuss eigentlich nichts im Wege steht, oder? Leider bleibt zu befürchten, dass die zusätzlichen Webfeatures nicht an die von offenen Plattformen wie XBMC heranreichen werden.
So what? Was denkt ihr? Gibt’s unter den werten Lesern jemanden der mit einer oder mehrerer der genannten Plattformen schon Erfahrungen gemacht hat? Wie macht sich der Popcorn Hour in der Praxis? Gibt’s evtl. doch noch die ideale Hardware für XBMC und CO? Ich würde mich sehr über Feedback und eine angeregte Diskussion zu diesem Thema freuen.
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