So, nachdem nun die halbe Welt über Googles neuen Browser geschrieben und gemutmaßt hat, darf seit gestern Abend um 21 Uhr getestet werden. Viele haben das natürlich schon getan und ebenfalls darüber geschrieben. Das dürfte insgesamt eines der bisher heissesten Themen bei Rivva sein, oder Frank?
Screenshots vom neuen Browser gibt’s auf anderen Seiten schon genug, drum erspar ich Euch das hier mal. Zumal die Screenshotterei unter Windows eher unbequem ist und ich die Bilder dann erst hier auf dem Mac wieder manuell rüberziehen müsste – viel zu umständlich.
Stattdessen gibt’s meinen ersten Eindruck zu Google Chrome: genial. Im Ernst – ich hätte nicht gedacht, dass mich ein Browser heute noch begeistern kann, aber Google hat sich wie so oft einiges dabei gedacht. Als erstes sticht natürlich die Oberfläche in’s Auge, wobei „stechen“ eigentlich der falsche Ausdruck ist, denn sie ist erfreulich zurückhalten und schlank. Ich würde sagen, sie bewegt sich so zwischen Safari und IE7. Im Vordergrund und von oben gesehen an erster Stelle stehen die Tabs, die sich beliebig untereinander verschieben und tauschen lassen. Leider gibt es bisher offenbar noch nichts um geschlossene Tabs wiederherzustellen – eine Funktion die ich in Firefox 3 (mit TabMixPlus) ständig benutze. Gibt es doch. Wie von moeffju in den Kommentaren gemeldet funktioniert das einfach über Shift+Strg+T. Danke für den Tipp.
Direkt unter den Tabs sitzt die einzig vorhandene Toolbar – selbst eine sonst für Windows übliche Menüleist sucht man vergeblich. In der Toolbar finden sich vor/zurück- und reload-Buttons und ein Stern wie man ihn aus Firefox 3 und Google WebApps (Mail/Reader) kennt um die aktuelle Seite zu bookmarken. Direkt im Anschluss folgt das Feld um die URL einzugeben. Dieses Textfeld ist ein Multitalent. Fängt man dort an zu tippen erhält man direkt Vorschläge aus dem eigenen Verlauf, aus Google bzw. kann man – sofern man keine URL eingibt direkt nach dem eingegebenen Begriff bei Google (oder anderen – einstellbar sind MSN, Yahoo, T-Online, Ask.com, WEB.DE) suchen. Danach folgen in der Toolbar noch der übliche Pfeil als Go-Button am rechten Ende der Texteingabe und zwei Buttons mit Dropdownmenüs für verschiedene Funktionen und Optionen.
Der Rest des Browser Google Chrome dient ausschließlich der Anzeige der Website. Selbst auf eine statische Statuszeile hat man verzichtet. Bewegt man die Maus über einen Link, blendet sich eine dynamische Statuszeile am unteren Rand ein, die die URL des Links anzeigt. Was bleibt ist eine optisch angenehme, schlanke und Windowsuntypische Oberfläche, die auffallend schnell ist – wie eigentlich alles an Google Chrome.
Der Browser überzeugt in erster Linie – und das könnte eventuell ein Hauptargument nicht nur bei der Geek-Zielgruppe werden – durch seine Geschwindigkeit. Wer als Windows-User schon immer mal wissen wollte wie sich ein Safari unter Mac OSX anfühlt, der sollte Google Chrome ausprobieren. Die Geschwindigkeit ist vergleichbar.
Ein deutlicher Geschwindigkeitsgewinn dürfte durch die JavaScript-Engine V8 entstehen, die Google in Chrome verbaut hat. Sie sorgt unter anderem dafür, dass Online-Applications wie Picnik nahezu in der Geschwindigkeit einer Desktopapplikation ablaufen. Das dürfte deutlich zur Verbreitung von Rich Internet Applications (RIA) beitragen.
Ein weiteres Schmankerl von Google Chrome kennen Mac-User bereits von FluidApp. Eine Website lässt sich jederzeit als eigene Anwendung speichern und auf dem Desktop, im Startmenü oder in der Schnellstartleiste ablegen. Das nennt sich Anwendungsverknüpfung. Klickt man diese Verknüpfung doppelt so öffnet sich ein sog. chromeless Windows (ohne URL-Eingabeleiste, Tabs, etc) und man bekommt das Gefühl in einer eigenen Anwendung zu arbeiten, die sich auch getrennt vom restlichen Browser starten oder beenden lässt. Ergänzt wird dieses Anwendungsgefühl durch Google Gears, dass direkt mit an Bord ist und noch schnelleres Arbeiten mit WebApps ermöglicht. Erzielt wird das durch zwischenspeichern diverser Dateien auf der lokalen Festplatte und ggf. auch herunterladen von Inhalten – wie z.B. beim Google Reader.
Alles in allem bleibt ein – vor allem für eine Beta-Version – sehr deutlich positiver Eindruck. Mal sehen ob Google es durch seine Reichweite schaffen kann nicht nur die Geeks, sondern auch den Mainstream zu erreichen. Wünschenswert wäre in erster Linie eine breitere Aufmerksamkeit für die Tatsache, dass es mehr als nur den Hauseigenen Betriebssystembrowser gibt und dass dieses blaue »e« nicht das Symbol für »das Internet« ist.
Wer selber testen will: Hier findet sich der Download von Google Chrome.
P.S.: Soeben kommen via Twitter erste Beschwerden über eine Zwangsinstallation in ein bestimmtes Verzeichnis und fehlerhaft angelegte Icons, sowie Abstürze nach der Installation etc. Das ist natürlich ein Problem das mir nicht auffällt, da der Windows-PC hier eher gar nicht genutzt wird und ich auf sowas nicht achte. Unter Mac OSX sollte das Problem später auf keinen Fall auftreten. Einen Absturz hatte ich bisher beim ersten Einsatz von Google Gears. Danach jedoch keinen mehr. Aber was solls – ist halt noch Beta. Mal sehen wie das dann am Ende wird.
Nachtrag: Robert Wetzlmayrs Eindruck ist ein klein wenig anders. Er hat primär die technische Seite beleuchtet und bemängelt fehlende Plugins sowie inkompatiblitäten zu manchen Javascript-Applications. Entweder er hat ein Problem mit seiner Installation oder wir haben beide einen unterschiedlichen Build erwischt!? Bei mir funktioniert bis auf Java (wofür in der Tat das Plugin zu fehlen scheint) alles von ihm als fehlend aufgeführte. Sowohl Flash (Ich habe ebenfalls wie er Kuler getestet) als auch Lightbox und sämtliche WordPress-Admin-Effekte funktionieren in Chrome anstandslos. Vielleicht kann einer der geschätzten Leser hier kurz Feedbacken wie’s bei ihm/ihr aussieht.
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